Wer viel kann, muss viel machen.

…dass wir in unserem nicht-Perfekt-sein, perfekt zusammenpassen.  Manchmal vergesse ich das nämlich. Wenn der Alltag zu sehr an der Substanz nagt. Wenn ich mich vergesse. Freundschaften schleifen lasse, Telefonate verschiebe und abends mit unserem Kind ins Bett falle und einen unruhigen Schlaf schlafe. Weil ich keine Pausen eingelegt habe. Weil ich bis zum Grund meiner Kraft geschöpft und den Tank leer gelassen habe. Die letzten Meter bis zur Tankstelle bin ich nicht in meinen Boots, sondern eher kriechend auf allen Vieren gegangen. Hab dabei geschimpft und die Verantwortung im Außen gesucht. Doch da war sie nicht zu finden, egal wie sehr ich es versucht und die letzten Tropfen Energie darauf verschwendet habe. Die Verantwortung für mich, liegt bei mir.

Schlaflos

Ich bin schlaflos. Nachts liege ich wach, mit müdem Körper und schweren Augen, während mein Hirn vergessen hat, dass ich nicht mehr zwanzig, sondern über vierzig bin. Dass die Party im Kopf nicht mehr Disco sondern Walzer sein darf. Weil sich die Falten nicht nur ins Gesicht, sondern irgendwann auch aufs Gemüt legen. Da hilft auch keine Hyaluron-Maske mehr, keine Anti-Aging-Augenpads oder Gold in Fluid verpackt. Ich bin einfach müde. Innen wie außen.

Telefonat mit der Vergangenheit.

Das Hamsterrad ist schneller geworden, merke ich. Ich bin nicht ausgestiegen. Ich habe einfach immer weiter getreten und jetzt geht mir langsam die Puste aus. Klingeling, trällert es. Erinnere dich an das, was wirklich zählt. Wer du bist. Was du willst. Sonst rennst du irgendwann an deinem eigenem Leben vorbei. An den Menschen, die du liebst und an der Zeit, die du hast. Ich rücke meine Brille zurecht und meinen Fokus gerade. Jetzt weiß‘ ich’s wieder. Ich atme.

JETZT: will ich leben!

Ich will nicht perfekt sein. Ich will leben.

Bist du noch da? Liest du noch mit? Überlegst du gerade, ob ich es tatsächlich geschafft habe, aus dem Hamsterrad auszusteigen? Ich will ehrlich sein. Mir bleibt noch ganz oft die Luft weg, vor lauter Strampelei. Vor lauter Dies und Das und Jenes. Doch fast genauso oft, hole ich ganz tief Luft und versuche, mich zurückzuholen. Ins Hier. In das Jetzt. Ich muss nicht alles schaffen. Ich muss nicht jeden Punkt auf meiner To-Do-Liste abhaken. Ich bin ein Mensch. Ich bin nicht perfekt. Denn schlussendlich ist es das, was uns Lebenszeit und Ruhe nimmt. Das Streben nach dem Perfekt sein. Dem immer besser sein. Stop!

Ich halte an. Ich setze mich in Gedanken wieder auf die Wiese zu meiner Tochter und beobachte staunend, was alles zwischen Gänseblümchen und Grashalmen krabbelt. Ich finde neue Geschichten und erzähle diese.

Zwischen Kind und Kunst.

Ich habe Zeit. Ungefähr drei Stunden. Bis unser Mini nach einem weiteren Cocktail aus der Milchbar verlangt. Drei Stunden in denen der Papa diverse Albernheiten und den Mittagsschlaf mit seiner Tochter teilt. Drei Stunden in denen ich weniger Mama und mehr Frau sein werde.
Ich sitze auf dem diesjährig unbepflanzten Balkon und überlege, was ich mit meiner Zeit anfangen kann. Haare waschen? Maniküre? Schlafen? Schnell eine Freundin anrufen und spontan nach Zeit fragen? Haushalt? Der Geschirrspüler müsste ausgeräumt und die Pflanzen von ihren trockenen Blättern befreit werden. Der Rest ist glücklicherweise getan. Nicht von uns, aber von einer wunderbaren Fee, die unsere Räume in eine wohnliche Oase verwandelt, während ich unsere Tochter und den Hund bespaße und der Mann arbeiten ist. Oder wir in Familie etwas unternehmen können. Über vier Monate habe ich mich gefragt, wie das andere Familien machen. Mit dem Haushalt und dem ganzen Gedöns. Ich bin schon froh, wenn alles aufgeräumt und die Wäsche sauber ist. Denn zwischen Aufstehen, Gassirunden mit Hund und Kind, stillen, kaspern, kuscheln, spielen und manchmal auch essen, bleibt wenig Zeit für die Raumhygiene. Eigentlich keine.

Auszeit.

Ich habe sie so satt, die ganzen Zeitmanagementberatungen und Gute-Laune-Kalendersprüche, die Lifestyleblogs und Aussteigergeschichten. Immer zu lesen, wie ich sein könnte, wenn ich loslasse – mich, die Zeit, meine Ansprüche, dass was ich bin. Damit ich mich zu dem entwickeln kann, was ich wirklich und wahrhaftig sein möchte. Ich habe gelesen, zugehört, verglichen, angewendet. Und jetzt? Jetzt stehe ich kopfschüttelnd über dem ganzen Haufen guter Ansätze und möchte ein zündelndes Streichholz daran lecken lassen. Weil es eben nicht immer funktioniert. Es gibt nicht die Lösung für jeden einzelnen Menschen. Also lass brennen! Nieder mit den Gedankenfetzen, die lauernd in meinem Hinterstübchen hocken und mir mit Gollumgleicher Stimme zuflüstern: „Mein Schatz, es ist zwanzig Uhr. Hör auf zu arbeiten. Jetzt bist du dran. Qualitytime. Me-Zeit.“ RUHE!