Müde sitze ich am Küchentisch und lasse die Tastatur klimpern, während eine strahlende Wintersonne Lichtpunkte an die Wand flimmert und mein Mann sich mit unserem Kind kichernd durch die Couchkissen kitzelt. Ich bin schlaflos. Nachts liege ich wach, mit müdem Körper und schweren Augen, während mein Hirn vergessen hat, dass ich nicht mehr zwanzig, sondern über vierzig bin. Dass die Party im Kopf nicht mehr Disco sondern Walzer sein darf. Weil sich die Falten nicht nur ins Gesicht, sondern irgendwann auch aufs Gemüt legen. Da hilft auch keine Hyaluron-Maske mehr, keine Anti-Aging-Augenpads oder Gold in Fluid verpackt. Ich bin einfach müde. Innen wie außen. Und während ich nach dem Grund suche, nach dem Schatten im den sonst so heiteren Tagen, kommt mein Kind zu mir. Die Nase läuft. Sie schnieft. Ein Taschentuch wischt weg, was stört. Und dann sehe ich ihn, diesen kleinen Schatten, der kurz durch mein Gedankenbild huscht. Für einen Moment grinst er mich an, gerade als ich überlege, ob es nur ein Schnupfen ist, der mein Kind nachts schlechter atmen lässt. Ich fühle ihre Stirn und schiele hinüber zu der Schublade, in der die Schnelltests liegen. Soll ich? Noch einmal? Ich entscheide mich dagegen. Und in diesem Moment entscheide ich mich auch gegen meine Angst. Wir haben alles getan. Wir sind sorgsam, achtsam und unser Denken reicht über die eigene Nasenspitze hinaus. Wir können nicht mehr tun.
„Entweder daheim verschanzen oder normal weiterleben und mit Kind aus Angst keine Einschränkungen machen.“
Diesen Satz schickte meine Freundin in unseren Chat. Und irgendwie hat sie damit Recht. Auch wenn normal heute eine andere Bedeutung hat. Zwei Jahre Pandemie hinterlassen ihre Spuren. Zwei Jahre Einschränkungen sind genug. Wir haben alles getan. Jetzt wollen wir leben. Inmitten der höchsten Infektionszahlen, inmitten einer Zeit der größten Krise, die meine Generation erlebt hat, stelle ich mich meinem Schatten und bitte ihn zu gehen. Ich zeige ihm den Ausgang und mir selbst die Tür zu besserem Schlaf. Damit sich Gesichts- und Gemütsfalten wieder glätten, denn das können Ruhe und ein wenig mehr Resilienz besser als jede teure Faltencreme. Und Lachen. Lachen ist Hyaluron für die Seele. Mit meinem Mann und unserem Kind. Kitzelnd auf dem Sofa.